Eigentlich sollte dieser Post bereits über Lucca gehen. Na dann wird es wohl der Nächste.
Warum ich den Mut hatte mich zu verändern. Was der Mut war, diesen Schritt zu gehen – UND: „Chapeau, ich hätte nicht den Mut dazu, aber ich beneide dich.“
Naja meistens höre ich das von Leuten, die verheiratet sind, die Kinder und ein Haus haben, und eigentlich glücklich sind. Doch warum Chapeau. Für mein Leben, als Single, getrennt nach einer „zumazumarum“ wunderbaren Beziehung, auf der Suche nach Glück, Frieden und genau – und. Ich ging nicht nach Italien, weil ich was Großes erwartete. Ich ging nach Italien, weil ich Luft benötigte, weil ich mich finden wollte, weil ich etwas verloren war.
Mein Tiefpunkt letztes Jahr war nicht meine Trennung, nicht meine psychische Überarbeitung: unbedingt den Job in der Audi haben zu wollen, mich mit dem Fotografieren zu übernehmen, mit der Bachelorarbeit nebenbei ein Meisterwerk zu schaffen. Mein Tiefpunkt war der Moment an dem ich einen besten Freund verlor. An dem ich gemerkt habe, dass meine Möglichkeiten Menschen zu helfen versagt haben. Meine Aufmerksamkeit auf den falschen, am Ende doch unwichtigen Punkten lagen. Man den Fokus auf das wesentliche verloren hat. Auch wenn, wenn so etwas nie jemands Schuld ist – man sucht jeden Tag nach dem Fehler im System. Auch nach über 365 Tagen. Wie man es auch immer positiv umschreiben mag. Oder eben realistisch und objektiv: Selbstmord. Suizid. Der Fehler im System.
Man wäre körperlich gesund, man wäre äußerlich perfekt. Doch wäre da nicht der Kopf, das Herz, oder was auch immer.
Ich, ich kann darüber nur schreiben. Als Außenstehender. Nicht in der Lage das zu fühlen, was mein Freund fühlte, was so viele andere fühlen. Psychische Erkrankungen, sind eigentlich wie ein kleines Makel, behandelbar. Das Problem: oft nicht akzeptabel. Nicht unbedingt von der Gesellschaft, sondern vor allem nicht akzeptabel für sich selbst. Das war meine Erkenntnis nach vier Jahren Berichte lesen, live mitzuverfolgen und andere Betroffene zu fragen. Am Ende finden nur wenige die Kraft. Die Kraft und den Mut, damit umzugehen.
Da wären wir wieder. Beim Mut. Ich hatte nicht unbedingt den Mut für eine Abenteuer. Ich hatte nicht unbedingt die Kraft für ein Abenteuer. Ich hatte nur das Bedürfnis zu fliehen und meine Gefühle, meinen Geist, meine Gedanken zu ordnen. Was ich hatte, war ein großes prägendes Erlebnis. Ein Schicksal, dass mich nach Italien gebracht hatte. Ein Schicksal, das mir irgendwie Mut für noch jemanden mitgegeben hat. Kraft, die für zwei reicht und Luft, Lebensgefühl, die Leute erfüllt. Das ist nicht nur meine Art, das ist gemeinsame Arbeit.
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass jemands größter Wunsch ist, ein Menschenleben zu verändern. Klingt am Anfang sehr arm. Ein kleines Leben. Was ist das. Inzwischen verstehe ich DAS kleine Leben. Ich bin ein kleines Leben, das ein einziger Mensch verändert hat, das er besser gemacht hat. Jeden Tag. Bei jedem Abenteuer. Bei jedem Mut. Bei jeder Kraft.
Life Happens. Das ist leider und doch auch Gott sei Dank wahr. Leben ist schön. Leben ist hart. Und Leben ist ein Privileg. Ich lerne jeden Tag. Ich lerne mich jeden Tag besser zu akzeptieren: mein Mundwerk, meine schiefe Nase, meinen Körper, mein Ich. Ich versuche jeden Tag die guten und schlechten Momente zu akzeptieren. Ich traue mich jeden Tag Risiken einzugehen, jeden Tag Abenteuer und Momente zu erleben. Nicht auf Augenblicke zu warten. Zu Atmen. Zu Leben. Zu Genießen.
Ein Verlust ist immer hart. Allerdings liegt es an jedem selbst, ob man zerbricht oder Kraft schöpft, Kraft für jemand anders. Am Anfang dachte ich, Kraft und Abenteuer aus einem Verlust zu schöpfen ist negativ. Inzwischen denke ich nicht mehr so. Würde ich vom Himmel schauen, würde ich Tanzen, wenn ich nur ein einziges Leben positiv verändert hätte!
Ich bin Dankbar, dass ich die Chance erhalten habe, das hier zu Erleben. Ich bin glücklich, dass ich so gesund bin. Ich bin über jeden einzelnen Tag und jedes Abenteuer glücklich. Und egal was kommt: Das Leben hat einen Plan, den wir akzeptieren müssen. Aber wir können bis dahin jeden Tag versuchen, das Größte aus uns herauszuholen, unser Leben und uns selbst zu akzeptieren und zu genießen. Auch das ein oder andere zu riskieren.
Das hat mich wohl nach Italien gebracht. Mein Freund, der mich und mein Leben so positiv verändert hat.
Auch, wenn dieser Post nie beabsichtigt war, weil es doch etwas zu privat und auch ziemlich schwer ist. Aber eben genau das ist Leben.
Die Welle, das Meer, inzwischen mein Zeichen für unplanbares, natürliches Leben. „Go with the waves. Life is not always going to go as you had planned – tides change and things go in different directions. You can’t stop the waves from happening, but you can learn to move with them. They may not take you in the direction that you had planned, but they will take you exactly where you are meant to be.“
Deshalb: Genießt das Leben, schätzt das Glück, liebt euch selbst. Auch wenn das Leben nicht immer einfach scheint, nicht immer einfach ist – nach jedem Regen kommt irgendwann die Sonne.